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Sind Kosten für einen „Hunde-Gassi-Service“ steuerbegünstigt?

Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Hessen sind Aufwendungen für einen „Hunde-Gassi-Service“ als haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt. Das bedeutet: Auf Antrag wird die Einkommensteuer in diesen Fällen um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen (höchstens 4.000 EUR) ermäßigt.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Versorgung und Betreuung eines in den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Haustieres eine haushaltsnahe Dienstleistung. „Dogsitter-Kosten“ sollen nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster jedoch nicht begünstigt sein, wenn die Hunde außerhalb der Wohnung und des Gartens des Steuerpflichtigen betreut werden.

Die raumbezogene Betrachtungsweise des Finanzgerichts Münster überzeugte die Finanzrichter aus Hessen nicht. Begründung: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist der Begriff „im Haushalt” räumlich-funktional auszulegen, sodass die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt werden. Somit (so die Schlussfolgerung) handelt es sich beim „Gassi gehen” um eine Leistung mit einem unmittelbar räumlichen Bezug zum Haushalt, die dem Haushalt (dem haushaltszugehörigen Tier) dient.

Beachten Sie | Die Finanzverwaltung hat gegen diese Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Somit ist nun der Bundesfinanzhof gefragt.

Quelle | FG Hessen, Urteil vom 1.2.2017, Az. 12 K 902/16, NZB BFH Az. VI B 25/17, FG Münster, Urteil vom 25.5.2012, Az. 14 K 2289/11 E; BFH-Urteil vom 3.9.2015, Az. VI R 13/15


Bundesfinanzhof beendet den Meinungsstreit: Scheidungskosten sind steuerlich nicht mehr abziehbar

Kosten für ein Scheidungsverfahren wirken sich nicht mehr steuermindernd aus. Denn nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs sind diese Ausgaben nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Die Begründung: Scheidungskosten fallen unter das 2013 gesetzlich eingeführte Abzugsverbot für Prozesskosten. Damit dürfte der nach der Gesetzesänderung eingesetzte Meinungsstreit, ob das Abzugsverbot von Prozesskosten auch Ehescheidungskosten umfasst oder ob insoweit eine Ausnahme zu machen ist, abschließend entschieden sein.

Hintergrund

Seit dem Veranlagungszeitraum 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Das Abzugsverbot gilt nur dann nicht, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Auf diese Ausnahmeregelung berief sich die Steuerpflichtige im Streitfall und machte in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung geltend.

Die Entscheidung

Im Gegensatz zum Finanzgericht Köln lehnte der Bundesfinanzhof den steuerlichen Abzug ab. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse. Hiervon kann nur ausgegangen werden, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage bedroht ist. Eine derartige existenzielle Betroffenheit liegt bei Scheidungskosten nicht vor – auch wenn das Festhalten an der Ehe für den Steuerpflichtigen eine starke Beeinträchtigung seines Lebens darstellt.

Kurzum: Die bis zur Neuregelung ergangene (günstigere) Rechtsprechung ist seit dem Veranlagungszeitraum 2013 nicht mehr anwendbar. Denn der Gesetzgeber hat die Steuererheblichkeit von Prozesskosten auf einen engen Rahmen zurückführen und Scheidungskosten vom Abzug als außergewöhnliche Belastung bewusst ausschließen wollen.

Quelle | BFH-Urteil vom 18.5.2017, Az. VI R 9/16


Außergewöhnliche Belastungen: Kosten können nicht auf mehrere Jahre verteilt werden

Erwachsen einem Steuerpflichtigen erhebliche – als außergewöhnliche Belastung – abzugsfähige Aufwendungen und würden diese zum Großteil steuerlich wirkungslos bleiben, weil ihnen keine entsprechenden Einkünfte gegenüberstehen, können die Aufwendungen nicht auf mehrere Jahre verteilt und „steuerlich gerettet“ werden. Dies hat kürzlich der Bundesfinanzhof entschieden.

Sachverhalt

Im Streitfall musste eine Familie ihr Haus behindertengerecht umbauen. Die Kosten von rund 165.000 EUR zahlte sie komplett in einem Jahr. Da ihr Gesamtbetrag der Einkünfte niedriger war, so-

dass sich von den 165.000 EUR nur ein Teil steuermindernd ausgewirkt hätte, begehrte die Familie eine Verteilung der Aufwendungen auf mehrere Jahre – allerdings ohne Erfolg.

Bei außergewöhnlichen Belastungen ist das Zu- und Abflussprinzip anwendbar. Aufwendungen sind danach grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum (VZ) zu berücksichtigen, in dem sie geleistet wurden. Wirken sich außergewöhnliche Belastungen mangels eines hinreichenden Gesamtbetrags der Einkünfte nicht aus, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den restlichen Betrag in einen anderen VZ zu übertragen oder auf mehrere VZ zu verteilen.

Nach Meinung des Bundesfinanzhofs ist die Steuerunerheblichkeit von den Gesamtbetrag der Einkünfte überschreitenden außergewöhnlichen Belastungen der einkommensteuerlichen Systematik geschuldet. Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Sie kommt nicht bereits dann in Betracht, wenn sich Aufwendungen im VZ der Verausgabung nicht vollständig steuermindernd ausgewirkt haben.

PRAXISHINWEIS | In ähnlichen Fällen sollten die Aufwendungen vorzugsweise nicht in einem Jahr gezahlt, sondern auf mehrere VZ verteilt werden.

Zudem sollte man bei außergewöhnlichen Belastungen die zumutbare Eigenbelastung im Blick haben, deren Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte, Familienstand und der Anzahl der Kinder abhängt. Ist abzusehen, dass die zumutbare Eigenbelastung nicht überschritten wird, sollten offene Rechnungen (nach Möglichkeit) erst im Folgejahr beglichen werden. Ein Vorziehen lohnt sich, wenn im betroffenen Jahr bereits hohe Aufwendungen getätigt wurden.

Quelle | BFH, Beschluss vom 12.7.2017, Az. VI R 36/15


Abzug von Unterhaltsaufwendungen: Betreuungsgeld gilt als „schädlicher“ Bezug

Unterhaltszahlungen können sich als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd auswirken. Dabei wird der Höchstbetrag von derzeit 8.820 EUR um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängersvermindert, soweit diese 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster ist das Betreuungsgeld als eigener Bezug der unterstützten Mutter zu berücksichtigen, nicht aber das Kindergeld.

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger gewährte der Mutter seiner beiden Kinder, mit der er in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, Unterhalt. Die in seiner Steuererklärung geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen kürzte das Finanzamt um das von der Mutter im Streitjahr 2015 bezogene Betreuungsgeld (nach § 4a ff. Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) und das anteilige auf die Mutter entfallende Kindergeld. Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige mit der Begründung, dass Kindergeld und Betreuungsgeld nicht für den eigenen Lebensunterhalt der Mutter bestimmt seien. Seine Klage war zumindest teilweise erfolgreich.

Das Kindergeld sah das Finanzgericht Münster nicht als eigenen Bezug der Mutter an. Nach der Grundkonzeption des Familienleistungsausgleichs dient es der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes und der Förderung der Familie. Dementsprechend wird das Kindergeld auch im Sozialrecht als Einkommen des Kindes angesehen.

Hingegen wird das Betreuungsgeld nur für diejenigen Kinder gezahlt, die nicht in einer Tageseinrichtung, sondern von einem Elternteil betreut werden. Es schafft einen Ausgleich zu einer nicht in Anspruch genommenen anderweitig zur Verfügung gestellten staatlichen Sachleistung und ist zur Sicherung des Unterhalts der Mutter bestimmt.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 11.7.2017, Az. 14 K 2825/16 E


Betriebliche Altersvorsorge: Diese Verbesserungen bringt das Betriebsrentenstärkungsgesetz

Gerade in kleinen Unternehmen ist die Betriebsrente noch nicht ausreichend verbreitet. Durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz, dem der Bundesrat kurz vor der Sommerpause zugestimmt hat, soll das nun anders werden. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über das Gesetzespaket, das im Wesentlichen am 1.1.2018 in Kraft tritt.

Sozialpartnermodell

Zu den bisherigen Modellen der Betriebsrente kommt nun ein weiteres hinzu: das Sozialpartnermodell mit der Möglichkeit der reinen Beitragszusage. Arbeitgeber sind danach nur verpflichtet, den vereinbarten Beitrag an die Versorgungseinrichtung zu bezahlen. Sie werden von der Haftung befreit. Mindest- oder Garantieleistungen für Arbeitnehmer sind ausgeschlossen.

Das Sozialpartnermodell wird eingeführt durch Branchen-Tarifverträge. Nichttarifgebundene Arbeitgeber und Beschäftigte können allerdings vereinbaren, dass die Tarifverträge auch für sie gelten sollen.

Im Sozialpartnermodell hat der Arbeitgeber eine Entgeltumwandlung mit 15 % zu bezuschussen, soweit Sozialversicherungsbeiträge eingespart werden. Zusätzlich kann der Tarifvertrag Sicherungsbeträge vorsehen, die das Versorgungsniveau („Zielrente“) absichern sollen.

Beachten Sie | Der Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 % gilt im Sozialpartnermodell ab der Einführung. Außerhalb des Sozialpartnermodells gilt er für alle neuen Umwandlungsvereinbarungen ab dem 1.1.2019; für bereits bestehende Umwandlungsvereinbarungen ab dem 1.1.2022.

Weitere Änderungen

Nach § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz können bislang bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der allgemeinen Rentenversicherung steuer- und sozialversicherungsfrei in die Betriebsrente eingezahlt werden. Für Neuzusagen nach dem 31.12.2004 kann ein zusätzlicher steuerfreier Höchstbetrag von 1.800 EUR gewährt werden.

Ab 2018 wird der Förderrahmen auf insgesamt 8 % der BBG ausgeweitet. Die ersten 4 % der BBG bleiben steuer- und sozialversicherungsfrei. Die zweiten 4 % der BBG hingegen sind nur steuerfrei.

Beachten Sie | Der steuerfreie Erhöhungsbetrag von 1.800 EUR entfällt. Die 20 %-ige Pauschalbesteuerungsmöglichkeit bleibt hingegen bestehen. Die tatsächlich pauschalbesteuerten Beträge im Kalenderjahr werden auf den neuen steuerfreien Dotierungsrahmen von 8 % der BBG angerechnet.

Neu ist der Förderbeitrag für Geringverdiener (Bruttoeinkommen bis zu 2.200 EUR monatlich). Zahlt der Arbeitgeber Beiträge von mindestens 240 EUR bis zu 480 EUR im Kalenderjahr, erhält er 30 % des Arbeitgeberbeitrags über eine Verrechnung mit der abzuführenden Lohnsteuer zurück.

Wer eine kleine Rente bezieht und daneben Grundsicherung, für den bleiben freiwillige Zusatzrenten künftig bis zu ca. 200 EUR anrechnungsfrei. Das gilt für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie bei der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt in der Kriegsopferfürsorge.

Riestern Arbeitnehmer über die betriebliche Altersvorsorge, erfolgt ab 2018 in der Rentenphase keine Verbeitragung mehr. Insofern erfolgt eine Gleichstellung mit den privaten Riester-Verträgen. Zudem wird die jährliche Grundzulage von 154 EUR auf 175 EUR angehoben.

Quelle | Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz), BR-Drs. 447/17 (B) vom 7.7.2017; Die Bundesregierung vom 7.7.2017: „Bundesrat stimmt Riester und Co. zu: Betriebsrente wird attraktiver“


Erbschaft- und Schenkungsteuer: Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

Verzichtet ein gesetzlicher Erbe gegen eine von seinen Geschwistern zu zahlende Abfindung auf seinen Pflichtteilsanspruch, ist danach zu unterscheiden, ob der Verzicht bereits zu Lebzeiten oder erst nach dem Tod des Erblassers vereinbart wird. Nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unterliegt der Verzicht zwischen Geschwistern zu Lebzeiten des Erblassers nunmehr der Steuerklasse II. Die für den Steuerpflichtigen günstigere Steuerklasse I ist somit nur noch bei einem Verzicht nach dem Tod des Erblassers anzuwenden.

Bislang stellte der Bundesfinanzhof für die Besteuerung der Abfindungen nicht auf das Verhältnis des Verzichtenden zum Zahlenden, sondern auf dasjenige zum künftigen Erblasser ab. Das Ziel, den gegen Abfindung vereinbarten Pflichtteilsverzicht sowohl vor als auch nach dem Eintritt des Erbfalls im Ergebnis gleich zu behandeln, kann aber insbesondere dann nicht erreicht werden, wenn der Verzicht gegenüber mehreren Personen erklärt wird und/oder Vorschenkungen des (künftigen) Erblassers an den Verzichtenden vorliegen.

Bei einem vor Eintritt des Erbfalls vereinbarten Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung sind daher die erbschaftsteuerrechtlichen Vorschriften anwendbar, die im Verhältnis des Zahlungsempfängers zu den Zahlenden gelten.

Auswirkungen für die Praxis

Die geänderte Rechtsprechung führt bei Pflichtteilsverzichten zwischen Geschwistern gegen Abfindung, die noch zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart werden, im Regelfall zu einer höheren Steuerbelastung als bei einer Vereinbarung nach dem Erbfall. Die Vereinbarung zu Lebzeiten begründet die Anwendung der Steuerklasse II (Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR), die Vereinbarung nach dem Erbfall hingegen die Steuerklasse I (Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR).

Beachten Sie | Verbleibt nach dem Abzug des Freibetrags ein steuerpflichtiger Erwerb von z. B. über 75.000 EUR bis zu 300.000 EUR, dann beträgt der Steuersatz bei der Steuerklasse II 20 %, bei der Steuerklasse I nur 11 %.

Quelle | BFH-Urteil vom 10.5.2017, Az. II R 25/15


Mehrere häusliche Arbeitszimmer: Höchstbetrag wird dennoch nur einmal gewährt

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind mit maximal 1.250 EUR als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn dem Steuerpflichtigen für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Da es sich um einen personenbezogenen Höchstbetrag handelt, gilt die betragsmäßige Beschränkung auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum nacheinander oder zeitgleich (in mehreren Wohnungen) zwei Arbeitszimmer genutzt hat. Dies hat aktuell der Bundesfinanzhof entschieden.

Nutzung mehrerer Arbeitszimmer

Der Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug ist zwar nicht auf den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer beschränkt, wohl aber – unabhängig von der Anzahl der genutzten häuslichen Arbeitszimmer – auf den personenbezogenen Höchstbetrag von 1.250 EUR begrenzt.

Gemeinsame Nutzung eines Arbeitszimmers

Während der personenbezogene Höchstbetrag den Kostenabzug bei einem Steuerpflichtigen auf maximal 1.250 EUR begrenzt, können Steuerpflichtige, die ein Arbeitszimmer gemeinsam nutzen und die beide die Abzugsvoraussetzungen erfüllen, den Höchstbetrag im Ergebnis doppelt in Anspruch nehmen. Denn im vergangenen Jahr hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Höchstbetrag jedem Steuerpflichtigen zu gewähren ist, dem für seine Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wenn er

  • in dem Arbeitszimmer über einen Arbeitsplatz verfügt und
  • die geltend gemachten Aufwendungen getragen hat.

Quelle | BFH-Urteil vom 9.5.2017, Az. VIII R 15/15; BFH-Urteil vom 15.12.2016, Az. VI R 53/12; BFH-Urteil vom 15.12.2016, Az. VI R 86/13


Erbschaft- und Schenkungsteuer: Pflegefreibetrag trotz Unterhaltspflicht zu gewähren

Der Freibetrag für Pflegeleistungen steht einer pflegenden Person im Erbfall und bei Schenkungen auch dann zu, wenn sie gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Dies hat der Bundesfinanzhof entgegen der Verwaltungsmeinung entschieden.

Sachverhalt

Im Streitfall war die Tochter Miterbin ihrer Mutter. Diese war rund zehn Jahre vor ihrem Tod pflegebedürftig geworden (Pflegestufe III, monatliches Pflegegeld von bis zu 700 EUR). Die Tochter hatte ihre Mutter auf eigene Kosten gepflegt.

Das Finanzamt gewährte den Pflegefreibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 20.000 EUR nicht. Das Finanzgericht Niedersachsen und der Bundesfinanzhof sahen das jedoch anders.

Zum Hintergrund: § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG befreit einen steuerpflichtigen Erwerb bis zu 20.000 EUR, der Personen anfällt, die den Erblasser oder Schenker unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt haben.

Der Begriff „Pflege“ ist grundsätzlich weit auszulegen und erfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person. Es ist nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig war.

Eine gesetzliche Unterhaltspflicht steht der Gewährung des Pflegefreibetrags nicht entgegen. Diese weite Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person honorieren soll.

Zudem wird der Intention des Gesetzgebers Rechnung getragen, die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen zu verbessern. Da Pflegeleistungen üblicherweise innerhalb der Familie (insbesondere zwischen Kindern und Eltern) erbracht werden, liefe die Freibetragsregelung bei Ausschluss dieses Personenkreises nahezu leer.

PRAXISHINWEIS | Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Vergütungssätze von Berufsträgern können als Vergleichsgröße herangezogen werden. Bei Erbringung langjähriger, intensiver und umfassender Pflegeleistungen kann der Freibetrag auch in voller Höhe zu gewähren sein, ohne dass es eines Einzelnachweises bedarf.

Quelle | BFH-Urteil vom 10.5.2017, Az. II R 37/15


Häusliches Arbeitszimmer: Die Erforderlichkeit ist keine Abzugsvoraussetzung

Ein häusliches Arbeitszimmer setzt zwar voraus, dass der jeweilige Raum nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist aber, ob ein Arbeitszimmer für die Tätigkeit auch erforderlich ist.Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs genügt für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung.

Sachverhalt

Ein Ruheständler erzielte neben seinen Versorgungsbezügen Beteiligungseinkünfte, Vermietungseinkünfte und Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Kosten seines Arbeitszimmers machte er als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend, was sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht Nürnberg ablehnten. Begründung: Das Arbeitszimmer ist für die Tätigkeit (Vermietung von drei Wohnungen, von denen eine auch noch von einer Hausverwaltung betreut wird) nicht notwendig.

Das sieht der Bundesfinanzhof allerdings anders: Die Erforderlichkeit ist kein Merkmal des Abzugstatbestands. Der Gesetzgeber typisiert die Abzugsvoraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer, indem er die Abzugsmöglichkeit auf die zwei im Gesetz genannten Fallgruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten Betätigung) begrenzt.

Beachten Sie | Allerdings war die Sache nicht spruchreif, denn es fehlten Feststellungen zur privaten (Mit-)Nutzung des Arbeitszimmers. Sollte ein nicht unerheblicher Anteil der Nutzung auf die Verwaltung der eigengenutzten Immobilie oder für andere private Tätigkeiten (z. B. Aufbewahrung privater Unterlagen) entfallen, würde ein Abzug der Aufwendungen ausscheiden.

Kommt das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang zu dem Schluss, dass es sich um ein berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer handelt und liegt der Mittelpunkt der steuerbaren Betätigungen nicht im Arbeitszimmer, können die Aufwendungen bis zu 1.250 EUR abgezogen werden, wenn für einzelne Tätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dabei sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen und ggf. im Schätzungsweg aufzuteilen.

PRAXISHINWEIS | Die Abzugsmöglichkeit oder -begrenzung ist für jede Tätigkeit selbstständig zu prüfen. Ist der Kostenabzug für eine oder mehrere Tätigkeiten möglich, kann der Steuerpflichtige diese anteilig insgesamt bis zum Höchstbetrag abziehen.

Quelle | BFH-Urteil vom 8.3.2017, Az. IX R 52/14


Schenkungsteuer: Gilt die günstige Steuerklasse I auch bei Schenkung des biologischen Vaters?

Bei einer Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine Tochter gilt bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 EUR auch dann, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig auch der rechtliche Vater ist. Diese Auffassung des Finanzgerichts Hessen muss der Bundesfinanzhof in der Revision aber noch bestätigen.

Im Streitfall berücksichtigte das Finanzamt bei der Festsetzung der Schenkungsteuer lediglich die Steuerklasse III (Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR). Begründung: Die Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich, da eine rechtliche Vaterschaft zu einer anderen Person bestehe, die die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters ausschließe. Das Finanzgericht Hessen sah das aber im Sinne des Steuerpflichtigen anders.

Quelle | FG Hessen, Urteil vom 15.12.2016, Az. 1 K 1507/16, Rev. BFH Az. II R 5/17


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