Von einem nahen Angehörigen erhaltene Zinsen sind nicht steuerpflichtig, wenn der zugrunde liegende Darlehensvertrag steuerlich nicht anzuerkennen ist. Dies hat aktuell das Finanzgericht Münster entschieden.
Sachverhalt |
Vater V stellte seinem Sohn S am 30.9.2017 einen Betrag von 100.000 EUR darlehensweise zur Verfügung. Diesen benötigte S zur Einzahlung in die Rücklage einer in Liquiditätsschwierigkeiten befindlichen GmbH. Hierfür nahm V ein Darlehen in gleicher Höhe bei einer Bank auf und gab die mit der Bank vereinbarte Vertragslaufzeit und den Zinssatz von 2,5 % pro Jahr an seinen Sohn weiter. Im Darlehensvertrag war u. a. geregelt, dass S „auf jederzeit mögliches Verlangen Sicherheiten in Höhe der valutierenden Darlehenssumme zu stellen“ habe. Die Zahlung der Zins- und Tilgungsraten erfolgte unmittelbar von der GmbH an die Bank. Das Finanzamt unterwarf die Zinseinnahmen (2017: 625 EUR; 2018: 2.500 EUR) des V dem Abgeltungsteuersatz von 25 %. Hiergegen wandte V ein, dass der Abgeltungsteuersatz bei Darlehen zwischen nahestehenden Personen gemäß § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) keine Anwendung finde und der Vertrag überdies nicht fremdüblich sei. Das Finanzgericht Münster folgte dieser Sichtweise. |
Nach Meinung des Finanzgerichts war der zwischen V und S geschlossene Darlehensvertrag überwiegend privat motiviert. Er hält einem Fremdvergleich nicht stand.
Hierfür spricht zunächst, dass der nicht gesicherte Rückzahlungsanspruch des V gefährdet war, weil er im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH abhing. S selbst war nicht kreditwürdig und auch nicht in der Lage, Sicherheiten zu stellen. Die diesbezügliche Regelung im Darlehensvertrag war zu unbestimmt, um als echte bank- bzw. fremdübliche Sicherung gewertet werden zu können.
Beachten Sie | Dass die Bank keine gesonderten Sicherheiten von V gefordert hatte, erachtete das Finanzgericht Münster als unerheblich, da die wirtschaftliche Situation des V mit derjenigen des S nicht vergleichbar war.
Zudem hätte ein fremder Dritter auf den vereinbarten Refinanzierungszins einen Aufschlag verlangt.
Unabhängig davon fehlte dem V die Überschusserzielungsabsicht. Wegen des Werbungskostenabzugsverbots und der beschränkten Verlustverrechnung wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar bei Kapitalerträgen grundsätzlich vermutet. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden, wenn ein positives Ergebnis aus einer Kapitalanlage in Form laufender Kapitalerträge oder Gewinne von vornherein wirtschaftlich ausgeschlossen erscheint.
Merke | Wer, so das Finanzgericht, seinem Sohn ein privates Darlehen gewährt, für dessen Refinanzierung er gleich hohe Schuldzinsen zu entrichten hat, dem fehlt die für eine Besteuerung erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht. |
Quelle | FG Münster, Urteil vom 24.8.2022, Az. 7 K 1646/20 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 231891