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Sonderzahlungen auf gesetzlichen Mindestlohn grundsätzlich anrechenbar

Das Bundesarbeitsgericht hat sich zum ersten Mal mit dem am 1.1.2015 in Kraft getretenen Mindestlohngesetz beschäftigt und entschieden, dass Arbeitgeber Sonderzahlungen (beispielsweise Urlaubs- und Weihnachtsgeld) unter gewissen Voraussetzungen auf den Mindestlohn anrechnen dürfen.

Sachverhalt

Der arbeitsvertraglich vereinbarte Stundenlohn lag unter 8,50 EUR brutto pro Stunde. Zudem sah der Arbeitsvertrag zweimal jährlich einen halben Monatslohn als Sonderzahlung vor. Diese war nur abhängig von der Beschäftigung im jeweiligen Jahr. Kurz vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes wurden die Modalitäten geändert. So hatte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat vereinbart, die Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen, d. h. jeden Monat ein Zwölftel auszuzahlen. Mit dieser anteiligen Sonderzahlung ergab sich ein Stundenlohn von mehr als 8,50 EUR.

Daneben waren Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen, die der Arbeitgeber weiterhin auf Grundlage des Stundenlohns von weniger als 8,50 EUR berechnete.

Dagegen klagte eine Arbeitnehmerin. Sie war der Ansicht, dass ihr die Sonderzahlungen zusätzlich zum Stundenlohn von 8,50 EUR zustehen würden. Darüber hinaus seien die 8,50 EUR auch für die Berechnung der Zuschläge zugrunde zu legen. Dieser Ansicht folgte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg indes nur hinsichtlich der Nachtarbeitszuschläge – und zwar zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht entschied.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erfüllt der Arbeitgeber den Lohnanspruch seines Arbeitnehmers durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Den im Streitfall vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen kommt Erfüllungswirkung zu.

Diese Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (z. B. bei der Nachtarbeit) beruhen.

PRAXISHINWEIS | Sonderzahlungen können somit – unter Voraussetzungen – auf den Mindestlohn angerechnet werden. Dabei kommt es vor allem auf die Vereinbarungen an. Entscheidend für eine Anrechnung ist, dass die Zahlungen als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung erfolgen.

Weiterführender Hinweis

Der Mindestlohn soll ab 2017 auf 8,84 EUR pro Stunde steigen. Das hat die Mindestlohn-Kommission der Bundesregierung vorgeschlagen.

Quelle | BAG, Urteil vom 25.5.2016, Az. 5 AZR 135/16; BAG PM Nr. 24/16 vom 25.5.2016; Mitteilung der Bundesregierung vom 28.6.2016: „ Mindestlohn soll auf 8,84 EUR steigen“


Umzugskosten trotz Zeitersparnis unter einer Stunde als Werbungskosten anerkannt

| Die Erreichbarkeit der Tätigkeitsstätte ohne Verkehrsmittel kann nach Ansicht des Finanzgerichts Köln zu einer beruflichen Veranlassung eines Umzugs führen. Somit erkannte es die Aufwendungen für den Umzug im Streitfall als Werbungskosten an. |

Gründe für eine berufliche Veranlassung des Umzugs

Umzugskosten sind nur abzugsfähig, wenn der Wohnungswechsel beruflich veranlasst ist. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist dies beispielsweise der Fall, wenn

  • sich die Entfernung zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte erheblich (d. h. täglich um mindestens eine Stunde) verkürzt,
  • der Umzug im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt wird (insbesondere beim Beziehen oder Räumen einer Dienstwohnung, die aus betrieblichen Gründen bestimmten Arbeitnehmern vorbehalten ist),
  • der Umzug aus Anlass der erstmaligen Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit, des Wechsels des Arbeitgebers oder im Zusammenhang mit einer Versetzung durchgeführt wird,
  • der eigene Hausstand zur Beendigung einer doppelten Haushaltsführung an den Beschäftigungsort verlegt wird.

Sachverhalt

Im Streitfall verwehrte das Finanzamt den Abzug der Umzugskosten, da sich die Fahrzeit nicht um mindestens eine Stunde verkürzt habe. Nach Ansicht der Steuerpflichtigen (Lehrerin) war der Umzug jedenfalls deshalb beruflich veranlasst, weil sie ihren Arbeitsplatz (Berufskolleg) nunmehr zu Fuß erreichen kann. Zudem würde die Wegezeitverkürzung von einer Stunde insbesondere durch die entfallenden Wartezeiten für die Straßenbahn erreicht.

Wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Das Finanzgericht Köln war der Überzeugung, dass die Tätigkeit am Berufskolleg für den Umzug entscheidend war. Zwar hatte es Zweifel, ob die erforderliche Zeitersparnis erreicht wurde. Es berief sich aber auf einen Beschluss des Bundesfinanzhofs, wonach die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel zu einer solch wesentlichen sonstigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen kann, dass selbst eine Ersparnis von weniger als einer Stunde für eine berufliche Veranlassung ausreicht. Wer in einer Großstadt keine Verkehrsmittel benutzen muss und zu Fuß zur Arbeit gehen kann, für den entfällt der Stress, der von der Notwendigkeit des pünktlichen Erscheinens ausgeht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer – wie hier – keine gleitende Arbeitszeit hat, so das Finanzgericht in der Urteilsbegründung.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 24.2.2016, Az. 3 K 3502/13, BFH-Beschluss vom 2.2.2000, Az. X B 80/99


Elternzeit: Inanspruchnahme bedarf der Schriftform

Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss diese spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass ein Telefax nicht ausreicht, um die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform zu wahren.

Das Elternzeitverlangen muss eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Die in der Praxis häufig vorkommenden Anträge per E-Mail, Fax oder sogar per SMS sind unwirksam. In diesen Fällen können sich Arbeitnehmer somit grundsätzlich nicht auf den Sonderkündigungsschutz der Elternzeitler berufen.

Quelle | BAG, Urteil vom 10.5.2016, Az. 9 AZR 145/15


Broschüre mit Steuertipps für Existenzgründer

Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen hat seine Broschüre mit Steuertipps für Existenzgründer aktualisiert (Stand Juni 2016). Neben wichtigen steuerlichen Aspekten bei der Existenzgründung enthält die rund 70-seitige Broschüre darüber hinaus auch Informationen zum Gründungszuschuss und zeigt, wie eine ordnungsgemäße (umsatzsteuerliche) Rechnung aussehen muss. Die Broschüre kann hier heruntergeladen werden.


Bundesrat stimmt dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zu

Der Bundesrat hat dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens am 17.6.2016 zugestimmt, sodass es nach der Unterzeichnung des Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet werden kann. Wichtige Neuregelungen werden auszugsweise vorgestellt.

Automationsgestützte Bearbeitung

Finanzbehörden können z. B. Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten.

Ein Anlass zur Bearbeitung liegt insbesondere dann vor, wenn der Steuerpflichtige Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung macht (sogenanntes qualifiziertes Freitextfeld).

Elektronische Kommunikation

Die Bundesregierung möchte die elektronische Kommunikation ausbauen. Dies zeigt sich z. B. an folgenden Regelungen:

  • Verwaltungsakte (z. B. Steuerbescheide) können mit Einwilligung des Beteiligten oder der von ihm bevollmächtigten Person bekannt gegeben werden, indem sie zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt werden.
  • Dem Gläubiger der Kapitalerträge kann seine Steuerbescheinigung elektronisch übersandt werden. Sie ist ihm aber weiterhin in Papierform zuzusenden, wenn er es verlangt.

Steuererklärungsfristen

Nicht steuerlich beratene Steuerpflichtige erhalten zwei Monate mehr Zeit für die Erstellung bzw. Abgabe der Steuererklärung. Das heißt, die Abgabefrist wurde vom 31.5. des Folgejahres auf den 31.7. verlängert. Auch für von einem Steuerberater angefertigte Erklärungen wurde die Frist um zwei Monate verlängert (vom 31.12. des Folgejahres auf Ende Februar des Zweitfolgejahres).

Beachten Sie | In bestimmten Fällen kann das Finanzamt anordnen, dass Erklärungen vor Ende Februar des Zweitfolgejahres abzugeben sind. Die Abgabefrist beträgt dann vier Monate nach Bekanntgabe der Anordnung.

Beispiel

Die Veranlagung hat für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 % der festgesetzten Steuer oder mehr als 10.000 EUR geführt.

Verspätungszuschlag

Die Regelungen zum Verspätungszuschlag wurden insgesamt neu gefasst. Erfreulich: Im Vergleich zum Regierungsentwurf wurde hier nachgebessert. So fällt der Verspätungszuschlag bei einer Steuerfestsetzung von 0 EUR oder in Erstattungsfällen nicht automatisch an. Eine Sanktion liegt vielmehr im Ermessen der Finanzverwaltung. Ferner wurde der Mindestverspätungszuschlag von monatlich 50 EUR auf 25 EUR reduziert.

Zudem ist eine Billigkeitsregelung für solche Fälle enthalten, in denen Steuerpflichtige bis zum Zugang einer nach Ablauf der allgemeinen Erklärungsfrist versandten Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung davon ausgehen konnten, nicht zur Abgabe verpflichtet zu sein (z. B. Rentner). Hier soll der Verspätungszuschlag erst vom Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist an berechnet werden.

Datenübermittlung durch Dritte

Viele Daten, die in der Einkommensteuererklärung anzugeben sind, liegen dem Finanzamt wegen entsprechender Datenübermittlungen Dritter (z. B. Mitteilungen der Arbeitgeber und der Kranken- oder Rentenversicherung) vor. Künftig können Steuerpflichtige auf eine eigenständige Deklaration dieser Daten verzichten. Die von dritter Seite übermittelten Daten gelten dann als vom Steuerpflichtigen angegebene Daten.

Stellt sich nach dem Erlass des Steuerbescheids heraus, dass diese Daten zuungunsten des Steuerpflichtigen falsch waren, ist der Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern.

Beachten Sie | Dem Steuerpflichtigen steht es aber nach wie vor frei, in der Steuererklärung eigene Angaben zu machen. Weichen diese Angaben von den von dritter Seite übermittelten Daten ab, muss der Steuerfall durch einen Amtsträger geprüft werden.

Belegvorhaltepflichten

Belegvorlagepflichten werden (weitestgehend) in Belegvorhaltepflichten mit risikoorientierter Anforderung durch die Finanzverwaltung umgewandelt. Beispielsweise muss die Zuwendungsbescheinigung für Spenden erst auf Anforderung der Finanzverwaltung vorgelegt werden. Willigt der Steuerpflichtige ein, kann sogar auf die Belegvorhaltepflicht verzichtet werden, wenn der Zuwendungsempfänger die Zuwendung direkt elektronisch an die Finanzverwaltung meldet.

Beachten Sie | Die Aufbewahrungsfrist beträgt ein Jahr nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung.

Ermittlung der Herstellungskosten

Hinsichtlich des Umfangs der zu aktivierenden Herstellungskosten wurde ein steuerliches Wahlrecht gesetzlich verankert. Konkret geht es um folgende Aufwendungen:

  • angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung.

Beachten Sie | Bilanzierende Steuerpflichtige müssen das Wahlrecht durch den Übereinstimmungsvorbehalt in Handels- und Steuerbilanz einheitlich ausüben.

Inkrafttreten

Das Gesetz tritt weitestgehend zum 1.1.2017 in Kraft. Allerdings sind zahlreiche Anwendungsregelungen zu beachten. Zum Beispiel sind die Regelungen zum Verspätungszuschlag grundsätzlich erstmals auf Steuererklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 einzureichen sind. Die verlängerten Abgabefristen für Steuererklärungen gelten erstmals für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2017 beginnen.

Quelle | Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, BR-Drs. 255/16 (B) vom 17.6.2016


Heimunterbringung: Wann sind die Kosten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig?

Die Aufwendungen einer Heimunterbringung sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn ein Steuerpflichtiger nur aus Altersgründen in ein Altenheim umgezogen ist und erst während des Heimaufenthalts krank und pflegebedürftig wird. Allein durch eine Einordnung in die Pflegestufe I verlieren die Aufwendungen nicht ihren Charakter als übliche Aufwendungen der Lebensführung, so das Finanzgericht Niedersachsen.

Allerdings können die Voraussetzungen für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen auch bei einer Heimunterbringung ausnahmsweise erfüllt sein – und zwar dann, wenn der Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheitveranlasst ist. Zu den Krankheitskosten gehören nämlich nicht nur Aufwendungen für medizinische Leistungen im engeren Sinn, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung.

Beachten Sie | Das Finanzgericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da der Bundesfinanzhof in einem Urteil aus 2010 ausdrücklich offengelassen hat, ob die Kosten einer Heimunterbringung auch dann zu berücksichtigen sind, wenn ein Steuerpflichtiger erst nach dem Umzug in das Altenheim krank und pflegebedürftig geworden ist. Ferner ließen die Richter offen, ob und ggf. ab welcher Pflegestufe die Kosten für die Unterbringung eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen in einem Altenheim aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstanden sind. Da die Revision inzwischen anhängig ist, können geeignete Fälle über einen Einspruch offengehalten werden.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 15.12.2015, Az. 12 K 206/14, Rev. BFH Az. VI R 3/16; BFH-Urteil vom 15.4.2010, Az. VI R 51/09


Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheime fällt bei Eigentumsübertragung rückwirkend weg

Nutzt ein Erbe das Familienheim des Erblassers zu eigenen Wohnzwecken, fällt die Erbschaftsteuerbefreiung rückwirkend weg, wenn der Erbe die Immobilie seinen Kindern innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall überträgt, sie aber weiterhin per Nießbrauch nutzt. Diese Auffassung vertritt das Finanzgericht Hessen.

Hintergrund

Die vom Erblasser zuvor selbst genutzte Wohn- immobilie kann erbschaftsteuerfrei vererbt werden, wenn das Familienheim vom Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner weitere zehn Jahre lang bewohnt wird. Erben Kinderoder Enkel (verstorbener Kinder), ist darüber hinaus zu beachten, dass die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 m2 begrenzt ist. Wird die Grenze überschritten, unterliegt der übersteigende Teil der Erbschaftsteuer.

Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Aktuelle Entscheidung

Zunächst stellte das Finanzgericht Hessen heraus, dass der gesetzliche Wortlaut die Beibehaltung der Eigentümerstellung nicht vorgibt. Allerdings, so das Finanzgericht, spricht die über den Wortlaut hinausgehende Auslegungdafür, dass die Steuerbefreiung voraussetzt, dass während eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem Erwerb das Familienheim nicht nur vom Erwerber bewohnt wird, sondern auch das Eigentum bei diesem verbleibt.

Da eine Steuerbefreiung nur dann zu gewähren ist, wenn der Erwerb des Eigentums und die tatsächliche Nutzung zu Wohnzwecken zusammenfallen, ist nach Überzeugung des Finanzgerichts eine Nachversteuerung regelmäßig vorzunehmen, wenn eines der beiden Tatbestandsmerkmale entfällt. Anhaltspunkte dafür, dass dem Gesetzgeber im Rahmen der Nachversteuerung das Merkmal des Eigentums verzichtbar erschien, während er am Merkmal des Wohnens festgehalten hat, sind nicht ersichtlich.

Beachten Sie | Das Finanzgericht Hessen hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle | FG Hessen, Urteil vom 15.2.2016, Az. 1 K 2275/15


Aktuelles zur vorbehaltenen Selbstnutzung bei vermieteten Ferienwohnungen

Vermieten Steuerpflichtige Ferienwohnungen, sind sie gut beraten, sich keine zeitweise Selbstnutzung vorzubehalten. Denn nur dann erkennt das Finanzamt (dauerhafte) Verluste ohne Überschussprognose an. In diesem Zusammenhang musste das Finanzgericht Köln über folgende Frage entscheiden: Welche Auswirkungen hat eine zunächst mögliche Selbstnutzung, wenn diese später ausgeschlossen wird?

Vorbemerkungen

Bei dauerhafter Vermietung eines bebauten, Wohnzwecken dienenden Grundstücks ist auch bei dauerhaft erzielten Verlusten regelmäßig von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, ohne dass es einer zu erstellenden Überschussprognose (grundsätzlich für einen Zeitraum von 30 Jahren) bedarf.

Bei der Vermietung von Ferienwohnungen sind weitere Punkte zu beherzigen: Eine Einkünfteerzielungsabsicht kann nur unterstellt werden, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr – bis auf ortsübliche Leerstandszeiten – an wechselnde Feriengäste vermietet und nicht für eine (zeitweise) Selbstnutzung vorgehalten wird. Ob der Steuerpflichtige von seinem Eigennutzungsrecht Gebrauch macht, ist insoweit unerheblich.

Zudem darf die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen – ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind – nicht erheblich unterschritten werden. Die Unterschreitensgrenze liegt bei mindestens 25 %.

Nachträglicher Verzicht auf Selbstnutzung

Im Streitfall des Finanzgerichts Köln hatte ein Ehepaar 1999 ein Ferienhaus erworben und hierfür einen Gästevermittlungsvertrag über zehn Jahre abgeschlossen. Dieser sah die Selbstnutzung für max. vier Wochen im Jahr vor. Diese Möglichkeit wurde 2000 ausgeschlossen und aus dem Vertrag aus 1999 gestrichen.

Der Streitfall befand sich nach dem zurückverweisenden Revisionsurteil des Bundesfinanzhofs im 2. Rechtsgang. Erstaunlicherweise legte das Ehepaar erst hier die „Zusatzvereinbarung“ bzw. den Änderungsvertrag vor.

Das Finanzgericht erkannte die Verluste für die Streitjahre 2004 und 2005 an. Eine Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose war nach Ansicht der Richter nicht angezeigt, weil das Ehepaar die Selbstnutzung der Ferienwohnung in einer Ergänzungsvereinbarung ausgeschlossen hatte.

PRAXISHINWEIS | Das Urteil ist trotz Revisionszulassung rechtskräftig geworden. Es hätte sicherlich der Rechtssicherheit gedient, wenn der Bundesfinanzhof Gelegenheit bekommen hätte, Stellung zu nehmen.

Es sollte auch bedacht werden, dass das Finanzamt überprüfen wird, ob es sich um eine nachträglich geschlossene oder nur um eine fingierte Vereinbarung handelt. In letzterem Fall dürfte der Vorgang eine strafrechtliche Relevanz bekommen.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 17.12.2015, Az. 10 K 2322/13


Darf die Bausparkasse Altverträge kündigen?

Viele Bausparer haben noch hochverzinsliche Bausparverträge. Angesichts der Niedrigzinsphase gehen die Bausparkassen nun vermehrt dazu über, diese Altverträge zu kündigen. Dass eine Kündigung nicht immer rechtens ist, zeigen zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart.

Sachverhalt

Eine Bausparerin schloss 1999 zwei Bausparverträge ab, die 2001 zuteilungsreif wurden. Ein Bauspardarlehen nahm sie nicht in Anspruch. Der Zinssatz für das Bausparguthaben betrug jeweils 2,5 % p. a. und konnte bei Verzicht auf das Bauspardarlehen oder Wahl eines höher verzinslichen Bauspardarlehens um einen Bonuszins von 2,0 % p. a. erhöht werden. Beide Verträge waren nur zu etwa Dreiviertel angespart. Anfang 2015 kündigte die Bausparkasse die Bausparverträge.

Dieser Fall weicht gegenüber dem am 30.3.2016 ebenfalls vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall insoweit ab, als die Bausparerin nach den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge nur bis zum Erreichen eines Mindestsparguthabens von 50 % der Bausparsumme zur Ansparung verpflichtet ist.

Eine Kündigung hielt das OLG in beiden Fällen für unberechtigt. Die Bausparkasse könne sich nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne. Die Vorschrift sei auf Bausparverträge in der Ansparphase nicht anwendbar. Der bezweckte Schutz von Darlehensnehmern treffe auf das Passivgeschäft der Bausparkassen nicht zu. Sie hätten bei der Zinsfestlegung eine unerwünscht lange Laufzeit ausschließen müssen.

PRAXISHINWEIS | Das OLG Stuttgart ließ die Revision zu, weil die Frage der Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf zuteilungsreife Bausparverträge grundsätzliche Bedeutung hat und andere OLG (z. B. OLG Hamm) eine gegenteilige Auffassung vertreten.

Quelle | OLG Stuttgart, Urteil vom 4.5.2016, Az. 9 U 230/15 sowie Urteil vom 30.3.2016, Az. 9 U 171/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015, Az. 31 U 191/15


Doppelte Abschreibungen bei Bebauung eines Ehegattengrundstücks möglich

Bebaut ein Unternehmer-Ehegatte mit eigenen Mitteln ein auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörendes Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Übertragen die Ehegatten das Grundstück später auf ihren Sohn, der den Betrieb des Vaters fortführt, kann dieser den Gebäudeteil der Mutter mit dem Teilwert einlegen und somit im Ergebnis doppelt abschreiben.Diese aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs eröffnet – trotz der gemachten Einschränkungen – Gestaltungsmöglichkeiten.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte der Vater in den 60er Jahren mehrere Betriebsgebäude auf Grundstücken errichtet, die zur Hälfte auch seiner Ehefrau gehörten. Auf seine Baukosten nahm er Abschreibungen (Absetzungen für Abnutzungen) vor. 1994 übertrug der Vater den Betrieb unentgeltlich auf seinen Sohn. Auch die betrieblich genutzten Grundstücke erhielt der Sohn unentgeltlich.

Soweit es um die Übertragung von Wirtschaftsgütern ging, die dem Vater gehörten, muss der Sohn die Buchwerte aus den Bilanzen des Vaters fortführen.

Umstritten war hingegen die Behandlung der Gebäudeteile, die der Mutter gehörten. Der Sohn legte diese Gebäudeteile mit dem Teilwert in seinen Betrieb ein. Da der Teilwert allerdings erheblich höher war als der Restbuchwert, konnte er erneut hohe Abschreibungen auf die von seinem Vater schon nahezu abgeschriebenen Gebäudeteile vornehmen. Diese rechtliche Beurteilung hat der Bundesfinanzhof nunmehr bestätigt.

Zusammengefasst ergeben sich aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in derartigen Konstellationen insbesondere die folgenden Konsequenzen:

  • Bestehen keine abweichenden Vereinbarungen zwischen den Eheleuten, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Dieser Gebäudeteil gehört zu seinem Privatvermögen.
  • Beachten Sie | Wertsteigerungen sind ertragsteuerlich somit auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten zuzurechnen und ggf. im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts (Spekulationsfrist von zehn Jahren) zu berücksichtigen.
  • Der Bilanzposten, der den eigenen Bauaufwand des Unternehmers für die Gebäudeteile des anderen Ehegatten verkörpert, ist keinem Wirtschaftsgut gleichzustellen. Somit kann der Unternehmer-Ehegatte dieSteuersubventionen, die nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens möglich sind, nicht nutzen (z. B. die erhöhten Sätze der linearen Abschreibung für Gebäude des Betriebsvermögens).

Quelle | BFH-Urteil vom 9.3.2016, Az. X R 46/14


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