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Gesetzgebung: Zwei Steuergesetze mit Breitenwirkung verkündet

Rund zwei Monate vor der Bundestagswahl ist der Steuergesetzgeber noch einmal aktiv geworden und hat zwei interessante Gesetze verabschiedet. Wichtige Aspekte werden vorgestellt.

Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz

Durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz soll der Steuerbetrug über Briefkastenfirmen bekämpft werden. Danach haben Steuerpflichtige Beziehungen zu Gesellschaften im Nicht-EU-Ausland anzuzeigen. Auch Finanzinstitute können ggf. verpflichtet sein, den Finanzbehörden Geschäftsbeziehungen zu Drittstaat-Gesellschaften mitzuteilen. Bei einem Verstoß drohen Bußgelder.

Beachten Sie | Bei der Aufklärung von steuerlichen Sachverhalten unterliegen Kreditinstitute keiner Verschwiegenheitspflicht mehr. Zudem erhält die Finanzverwaltung erweiterte Möglichkeiten im Kontenabrufverfahren.

Rückwirkende Kindergeldzahlungen

Um Missbräuche beim Kindergeld zu bekämpfen, wird Kindergeld (abweichend von der regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren) nur noch für sechs Monate rückwirkend gezahlt.

Steuerklassen bei Ehegatten

Bei Eheschließung werden beide Ehegatten künftig automatisch in die Steuerklasse IV eingestuft – und zwar auch dann, wenn nur einer der Ehegatten ein Gehalt bezieht. Ein Steuerklassenwechsel ist aber selbstverständlich möglich.

Beachten Sie | Ferner ist der Wechsel von der Steuerklasse III oder V in die Steuerklasse IV auch auf Antrag nur eines Ehegatten möglich. Dies hat dann zur Folge, dass beide Ehegatten in die Steuerklasse IV eingruppiert werden.

Inkrafttreten: Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Briefkastenfirmen sind am 25.6.2017 in Kraft getreten. Die Änderungen beim Kindergeld und bei den Steuerklassen bei Ehegatten werden hingegen erst zum 1.1.2018 wirksam.

Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken

Mit dem „Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“ wird die Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen und andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen, die beim Empfänger wegen eines als schädlich einzustufenden Präferenzregimes nicht oder nur niedrig besteuert werden, eingeschränkt.

Zudem sind vor allem folgende Neuregelungen zu nennen:

Geringwertige Wirtschaftsgüter

Durch das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz und das aktuelle Gesetz wurden die Netto-Grenzen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern (= abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbstständig nutzungsfähig sind) angehoben:

  • Die eigentliche Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter wurde von 410 EUR auf 800 EUR erhöht.
  • Werden geringwertige Wirtschaftsgüter sofort als Betriebsausgaben abgezogen, gelten besondere Aufzeichnungspflichten, wenn eine Grenze (bisher: 150 EUR, neu: 250 EUR) überschritten wird.
  • Alternativ zum Sofortabzug können geringwertige Wirtschaftsgüter in einen Sammelposten eingestellt und dann über fünf Jahre abgeschrieben werden (Poolabschreibung). Die Wertuntergrenze wurde von 150 EUR auf 250 EUR angehoben. Die Obergrenze von 1.000 EUR bleibt bestehen.

Beachten Sie | Die neuen Grenzen gelten für geringwertige Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

MERKE | Zusammengefasst ergeben sich folgende Möglichkeiten:

  • Grundsatz: Abschreibung über betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer
  • bis 250 EUR: Sofortabzug ohne besondere Aufzeichnungspflicht (Wahlrecht)
  • ab 250,01 EUR bis 800 EUR: Sofortabzug oder Poolabschreibung (Wahlrecht)
  • ab 800,01 EUR bis 1.000 EUR: Poolabschreibung (Wahlrecht)

Soll ein Sammelposten gebildet werden, sind hierin alle in einem Wirtschaftsjahr angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter mit Aufwendungen von 250,01 EUR bis 1.000 EUR zu erfassen.

Sanierungserträge

Verzichten Gläubiger auf Forderungen gegenüber einem sanierungsbedürftigen Unternehmen, ist dieser Betrag erfolgswirksam auszubuchen. Fraglich ist, wie dieser Teil steuerrechtlich zu behandeln ist. Denn der Bundesfinanzhof hat die im Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums vorgesehene Steuerbegünstigung verworfen, da sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Mit Schreiben vom 27.4.2017 hat die Verwaltung hierauf reagiert und Übergangsregeln erlassen. Danach gilt u. a. Folgendes: Wurde der Forderungsverzicht der Gläubiger bis zum 8.2.2017 (an diesem Tag wurde die Entscheidung des Bundesfinanzhofs veröffentlicht) endgültig vollzogen, sind die Regelungen weiter anwendbar.

Nunmehr hat auch der Gesetzgeber reagiert und die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen unter bestimmten Voraussetzungen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Die Regelung gilt für alle Fälle, die nach dem 8.2.2017verwirklicht werden.

Beachten Sie | Die gesetzliche Neuregelung zu den Sanierungserträgen kann aber erst dann in Kraft treten, wenn die Europäische Kommission die Vereinbarkeit mit dem europäischen Beihilferecht bestätigt hat. Die weitere Entwicklung bleibt somit abzuwarten.

Quelle | Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz) vom 23.6.2017, BGBl I 2017, S. 1682 (siehe auch PlenumKOMPAKT des Bundesrates vom 2.6.2017 zu ausgewählten Tagesordnungspunkten); Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.6.2017, BGBl I 2017, S. 2074; BMF-Schreiben vom 27.4.2017, Az. IV C 6 – S 2140/13/10003


Teilentgeltliche Übertragung eines Grundstücks: Führt die Kaufpreisstundung zu Zinseinnahmen?

Wird ein im Privatvermögen gehaltenes Grundstück gegen langfristig gestundete Kaufpreisraten an einen erbberechtigten Angehörigen veräußert, ist der in den Raten rechnerisch enthaltene Zinsanteil als Kapitalertrag zu versteuern. Dies gilt auch dann, wenn der vereinbarte Kaufpreis unter dem Verkehrswert liegt. Diese Auffassung vertritt der 11. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf. Die Richter des 7. Senats sehen das jedoch anders.

Sachverhalt

Eheleute veräußerten ein Einfamilienhaus an ihren Sohn und dessen Ehefrau. Als Gegenleistung wurde eine – bei Änderung des Preisindexes für Lebenshaltung gegebenenfalls anzupassende – monatliche Rente in Höhe von 1.000 EUR für die Dauer von 31 Jahren (insgesamt 372.000 EUR) vereinbart. Der Verkehrswert des Grundstücks betrug 393.000 EUR. Für 2013 setzte das Finanzamt einen in den Kaufpreisraten enthaltenen steuerbaren Zinsanteil an. Nach erfolglosem Einspruch wandten sich die Steuerpflichtigen an das Finanzgericht Düsseldorf.

Beachten Sie | Ob wegen der unverzinslich gestundeten Kaufpreisforderung ein Zinsvorteil zu versteuern ist, war bereits im Veranlagungszeitraum 2012 zwischen den Beteiligten Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Der 7. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf gab der Klage der Eheleute statt, da die Kaufpreisraten bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Gegenleistung für die ratierliche Zahlung beinhalteten. Die hiergegen eingelegte Revision verwarf der Bundesfinanzhof mangels fristgerechter Revisionsbegründung als unzulässig.

In der aktuellen Entscheidung hat der 11. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf die Auffassung des 7. Senats nicht bestätigt – und zwar aus folgenden Gründen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs enthält jede Kaufpreisforderung, die über mehr als ein Jahr gestundet wird, einen Zinsanteil. Bleibt der wirtschaftliche Wert der Gegenleistung hinter dem Verkehrswert des übertragenen Gegenstandes zurück, dann spricht eine Vermutung dafür, den Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Der entgeltliche Anteil der Übertragung bestimmt sich nach der Höhe des Entgelts in Relation zu dem Verkehrswert des übertragenen Gegenstandes. Bei gestundeten Forderungen ist nicht der Nennwert, sondern nur der abgezinste Barwert maßgeblich. Nur in dieser Höhe können dem Erwerber auch spiegelbildlich Anschaffungskosten entstehen.

PRAXISHINWEIS | Soweit ersichtlich hat der Bundesfinanzhof bisher noch nicht entschieden, ob die Grundsätze zur Versteuerung eines Zinsanteils bei gestundeten Forderungen auch bei teilentgeltlichen Geschäften gelten. Der Ausgang des Revisionsverfahrens darf also mit Spannung erwartet werden.

Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 6.2.2017, Az. 11 K 3064/15 E, Rev. BFH Az. VIII R 3/17; FG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2014, Az. 7 K 451/14 E; BFH, Beschluss vom 31.5.2005, Az. VIII B 67/96


Betriebliche Nutzung der Ehegattenimmobilie: Zahlungen von einem Oder-Konto vermeiden

Die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen eines vom Nichteigentümer-Ehegatten betrieblich genutzten Gebäudeteils setzt voraus, dass dieser die Anschaffungskosten getragen hat. Fehlen besondere Vereinbarungen, gelten Zahlungen von einem Gemeinschaftskonto der Ehegatten jeweils für Rechnung desjenigen als geleistet, der den Betrag schuldet. Dabei ist es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs irrelevant, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stammt.

Beispiel

Ein Ehemann nutzt eine im Alleineigentum seiner Ehefrau stehende Immobilie unentgeltlich für eigenbetriebliche Zwecke. Das zur Immobilienfinanzierung aufgenommene Darlehen hat die Ehefrau in eigenem Namen abgeschlossen.

Die Zins- und Tilgungsleistungen erfolgen von einem Oder-Konto der Eheleute (Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis). Zahlungen auf dieses Konto erfolgen im Wesentlichen aus den Einnahmen des Ehemanns aus seiner selbstständigen Arbeit.

In einem solchen Fall kann der Ehemann die für das Darlehen gezahlten Schuldzinsen sowie die Gebäudeabschreibung nicht als Betriebsausgaben abziehen. Denn nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist Voraussetzung, dass der Unternehmer-Ehegatte die Aufwendungen persönlich getragen hat – und das ist bei einem Oder-Konto grundsätzlich derjenige, der den Betrag schuldet.

Beachten Sie | Ob es sich um ein betriebliches oder ein privates Konto handelt, ist hier regelmäßig unbeachtlich.

Auch die Drittaufwands-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hilft hier nicht weiter. Denn die Ehefrau hat keine Schuld des Ehemanns, sondern ihre eigenen Verbindlichkeiten aus dem Darlehen getilgt. Da die Ehefrau die Aufwendungen für eigene Rechnung getätigt hat, können dem Ehemann die Anschaffungskosten auch nicht im Wege des abgekürzten Vertragswegs zugerechnet werden.

Quelle | BFH-Urteil vom 21.2.2017, Az. VIII R 10/14


Abzugsverbot für pauschale Einkommensteuer auf Geschenke an Geschäftsfreunde

Die Einkommensteuer für Geschenke an Geschäftsfreunde können Unternehmen mit einem Steuersatz von pauschal 30 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) für den Zuwendungsempfänger übernehmen. Dabei ist das Unternehmen nicht zum Betriebsausgabenabzug berechtigt, wenn die Zuwendung zusammen mit der pauschalen Steuer 35 EUR übersteigt. Durch diese Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die Sichtweise der Finanzverwaltung im Kern bestätigt und die Attraktivität dieses Wahlrechts (weiter) eingeschränkt.

Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde sind nur als Betriebsausgabe abziehbar, wenn die Kosten pro Empfänger und Wirtschaftsjahr 35 EUR nicht übersteigen. Die für den Zuwendungsempfänger übernommene Pauschalsteuer hat der Bundesfinanzhof nun als weiteres Geschenk beurteilt mit der Folge, dass diese das steuerliche Schicksal der Zuwendung teilt.

MERKE | Das Abzugsverbot gilt auch dann, wenn die Grenze von 35 EUR erst wegen der Höhe der Pauschalsteuer überschritten wird.

Quelle | BFH-Urteil vom 30.3.2017, Az. IV R 13/14; BMF-Schreiben vom 19.5.2015, Az. IV C 6 – S 2297-b/14/10001, Rz. 26


Künftige Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer berechtigen nicht zur Rückstellung

Ein Handwerksbetrieb kann keine Rückstellung für künftig zu erwartende Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer bilden. Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs auch dann, wenn diese in der Vergangenheit jeweils nach dem Gewerbeertrag bereits abgelaufener Wirtschaftsjahre berechnet wurden und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Zusatzbeiträge auch künftig in der geltend gemachten Höhe entstehen.

Sachverhalt

Ein Einzelunternehmer war Mitglied einer Handwerkskammer, die nach ihrer Beitragsordnung einen Grund- und einen Zusatzbeitrag erhebt. Bemessungsgrundlage des Zusatzbeitrags war in der Vergangenheit jeweils der Gewerbeertrag des drei Jahre vor dem Beitragsjahr liegenden Steuerjahres. In der Bilanz zum 31.12.2009 passivierte der Handwerksbetrieb seine zu erwartenden Zusatzbeiträge für die Jahre 2010, 2011 und 2012 aufgrund seiner Gewerbeerträge der Jahre 2007, 2008 und 2009 als sonstige Rückstellungen. Das Finanzgericht Thüringen erkannte die Rückstellungen an, der Bundesfinanzhof jedoch nicht.

Rückstellungen für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht können nur dann gebildet werden, wenn die Verpflichtungen bereits konkretisiert sind. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen. Die Verbindlichkeit muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten.

Zudem ist zu beachten, dass die Beitragspflicht an die Kammerzugehörigkeit im Beitragsjahr geknüpft ist. Das bedeutet, dass die Verpflichtung rechtlich nicht vor dem Zeitraum entstehen kann, auf den sich die Beitragspflicht bezieht. Somit waren die Beitragspflichten für die Jahre 2010, 2011 und 2012 zum Bilanzstichtag 2009 rechtlich noch nicht entstanden.

Quelle | BFH-Urteil vom 5.4.2017, Az. X R 30/15


Bundesfinanzhof erleichtert gewinnneutrales Ausscheiden aus Mitunternehmerschaften

Erst Ende 2016 hatte die Finanzverwaltung den mehr als zehn Jahre alten Realteilungserlass in einigen Punkten angepasst. Und nun besteht schon wieder Aktualisierungsbedarf. Denn der Bundesfinanzhof hat – entgegen der Verwaltungsmeinung – entschieden, dass eine gewinnneutrale Realteilung auch dann möglich ist, wenn ein Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft gegen Sachwertabfindung ausscheidet und diese Abfindung in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht.

Zum Hintergrund

Wird eine Gesellschaft aufgelöst, führt diese Betriebsaufgabe für die Gesellschafter grundsätzlich zu einer Gewinnrealisation. Dies kann aber durch eine sogenannte Realteilung verhindert werden, wenn die Gesellschafter das Betriebsvermögen der Gesellschaft unter sich aufteilen und es bei ihnen Betriebsvermögen bleibt.

Bereits in 2015 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Realteilung nicht zwingend die Beendigung der Gesellschaft voraussetzt. Denn die Realteilung bezweckt, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht zu belasten, wenn die Besteuerung stiller Reserven sichergestellt ist. Dies trifft nicht nur auf die Auflösung einer Gesellschaft, sondern auch auf das Ausscheiden eines Gesellschafters zu.

Entschieden hatte der Bundesfinanzhof aber nur zum Ausscheiden gegen eine aus einem Teilbetrieb bestehende Abfindung. Dabei ließ er ausdrücklich offen, ob die von ihm entwickelten Grundsätze auch auf das Ausscheiden gegen Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern zu übertragen sind.

Fortführung der Rechtsprechung

Nunmehr hat der Bundesfinanzhof nachgelegt: Eine gewinnneutrale Realteilung liegt in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters vor, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. So wird eine Buchwertfortführung auch dann ermöglicht, wenn der ausscheidende Gesellschafter lediglich Einzelwirtschaftsgüter ohne Teilbetriebseigenschaft erhält.

Beachten Sie | Damit wendet sich der Bundesfinanzhof ausdrücklich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, die von einer Versteuerung nur dann absehen will, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält.

Kurzum: Gesellschafter können somit künftig weitergehend als bisher aus ihren Personengesellschaften gewinnneutral und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven ausscheiden. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung ihr Schreiben aus 2016 zeitnah anpasst.

Quelle | BFH-Urteil vom 16.3.2017, Az. IV R 31/14; BFH-Urteil vom 30.3.2017, Az. IV R 11/15; BFH-Urteil vom 17.9.2015, Az. III R 49/13; BMF-Schreiben vom 20.12.2016, Az. IV C 6-S 2242/07/10002:004


Zweites Bürokratieentlastungsgesetz: Obacht bei der Vernichtung der Lieferscheine

Nach der Verkündung des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes im Bundesgesetzblatt sind Lieferscheine nicht mehr aufbewahrungspflichtig, wenn sie keine Buchungsbelege sind. Bei empfangenen (abgesandten) Lieferscheinen endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt (mit dem Versand) der Rechnung. Dies gilt erstmals für Lieferscheine, deren Aufbewahrungsfrist in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Abgabenordnung noch nicht abgelaufen ist. Bei dieser Bürokratieabbaumaßnahme muss jedoch auch die Umsatzsteuer beachtet werden, wonach sich eine Aufbewahrungspflicht ergeben kann.

Handelt es sich um keine Kleinbetragsrechnung (250 EUR-Grenze), muss die Rechnung zahlreiche Angaben enthalten, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen. Eine Rechnung kann indes auch aus mehreren Dokumenten bestehen. In einem dieser Dokumente sind das Entgelt und der Steuerbetrag jeweils zusammengefasst anzugeben und alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen Angaben ergeben.

Nimmt die Rechnung nun auf den Lieferschein Bezug (z. B. hinsichtlich des Liefer- oder Leistungszeitpunkts), wird der Lieferschein zum umsatzsteuerlichen Rechnungsbestandteil und darf demzufolge auch künftig nicht vorzeitig vernichtet werden.

Quelle | Zweites Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz) vom 30.6.2017, BGBl I 2017, S. 2143


Haben Streifenpolizisten eine erste Tätigkeitsstätte?

 

Durch die Reisekostenreform wurde der Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ mit Wirkung zum 1.1.2014 durch die „erste Tätigkeitsstätte“ ersetzt. Durch die Neuregelung ist die gefestigte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs somit oft nicht mehr anwendbar. Doch inzwischen liegen für einige Berufsgruppen erste finanzgerichtliche Entscheidungen vor – u. a. auch für Polizeibeamte im Streifendienst.

Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt die Entfernungspauschale (0,30 EUR für die einfache Strecke). Handelt es sich demgegenüber um eine Auswärtstätigkeit, sind 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten abzugsfähig.

Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs war für die Frage, ob eine regelmäßige Arbeitsstätte nach altem Recht vorlag, entscheidend, wo sich der nach qualitativen Merkmalen zu bestimmende Schwerpunkt der Tätigkeitdes Arbeitnehmers befand. Danach waren Polizeibeamte im Streifendienst grundsätzlich nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte tätig, denn sie verbrachten den überwiegenden Teil der Arbeitszeit im Streifenwagen.

Rechtsprechung zur ersten Tätigkeitsstätte

Mit der Einführung des neuen Begriffs der ersten Tätigkeitsstätte gelten jetzt völlig neue Beurteilungskriterien (dauerhafte Zuordnung zur betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, arbeitsrechtliche Festlegung etc.), die das Finanzgericht Niedersachsen bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen hatte. Danach begründet die unbefristete Zuordnung eines Polizeibeamten im Streifendienst zu seiner Dienststelle und die dortige Vornahme von Hilfs- und/oder Nebentätigkeiten eine erste Tätigkeitsstätte. Sucht der Polizeibeamte das Polizeirevier arbeitstäglich auf und verrichtet er im Polizeirevier auch den Streifendienst vorbereitende bzw. ergänzende Tätigkeiten (beispielsweise Einsatzbesprechungen und Schreibarbeiten), sind diese Neben- bzw. Hilfstätigkeiten ausreichend, damit die Dienststelle zur ersten Tätigkeitsstätte wird.

Nach diesen Grundsätzen stand dem klagenden Polizeibeamten für Fahrten zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte nur die Entfernungspauschale zu.

Beachten Sie | Im Revisionsverfahren wird zu klären sein, ob sich durch die gesetzliche Neuregelung für Polizisten im Streifendienst etwas grundlegend geändert hat. Man darf gespannt sein, ob der Bundesfinanzhof die Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen zum neuen Recht teilen wird.

Quelle | Erste Tätigkeitsstätte: FG Niedersachsen, Urteil vom 24.4.2017, Az. 2 K 168/16, Rev. BFH Az. VI R 27/17; Regelmäßige Arbeitsstätte: BFH-Urteil vom 9.11.2015, Az. VI R 8/15


Ende des Bezugszeitraums: Kein Kindergeld mehr für am Monatsersten geborene Kinder

Der Bezugszeitraum beim Kindergeld endet grundsätzlich dann, wenn das Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat. Am Ende des Bezugszeitraums besteht für ein am Monatsersten geborenes Kind für diesen Monat kein Anspruch mehr auf Kindergeld. Das hat das Finanzgericht Köln entschieden.

Kindergeld wird nur für die Monate gewährt, in denen die Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei muss das Kind an wenigstens einem Tag in dem betroffenen Monat zu berücksichtigen sein.

Für die Berechnung des Alters wird der Tag der Geburt bereits mitgerechnet. Das bedeutet: Ist das Kind am zweiten Tag des Monats geboren, zahlt die Familienkasse für diesen Monat noch Kindergeld. Wird das Kind jedoch am ersten Tag des Monats geboren, vollendet es bereits einen Tag davor sein 25. Lebensjahr. Im Geburtstagsmonat gibt es somit kein Kindergeld mehr.

Beachten Sie | Mit dieser Entscheidung will sich der Vater aber nicht zufrieden geben und hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 21.9.2016, Az. 4 K 392/14, NZB BFH Az. V B 147/16


Zweites Bürokratieentlastungsgesetz: Diese Erleichterungen können Sie nutzen

Das Zweite Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz) ist nach der Zustimmung des Bundesrates „in trockenen Tüchern“. Der nachfolgende Überblick zeigt, welche steuerlichen Erleichterungen das Gesetzespaket beinhaltet.

Einkommensteuer

Wird für geringwertige Wirtschaftsgüter (= abnutzbare und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbstständig nutzungsfähig sind) die Sofortabschreibung beansprucht, sind Aufzeichnungspflichten zu beachten, sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eine bestimmte Grenze überschreiten. Diese Grenze wurde von 150 EUR auf 250 EUR angehoben.

Die erhöhte Grenze gilt für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

Lohnsteuerlich ist auf zwei Anpassungen hinzuweisen:

  • Anmeldungszeitraum für die Lohnsteuer ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vergangene Kalenderjahr mehr als 1.080 EUR, aber nicht mehr als 4.000 EUR betragen hat. Der letztgenannte Wert wurde nun auf 5.000 EUR angehoben. Somit sind monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen erst bei über 5.000 EUR vorzunehmen.
  • Bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern ist eine Lohnsteuer-Pauschalierung mit 25 % nur zulässig, wenn der durchschnittliche Tageslohn 68 EUR nicht übersteigt. Da die Grenze an den Mindestlohn anknüpft (8 Stunden x 8,50 EUR = 68 EUR) und dieser zu Jahresbeginn auf 8,84 EUR erhöht wurde, wurde auch der Tageslohn-Grenzwert erhöht – und zwar auf 72 EUR.

Beachten Sie | Beide lohnsteuerlichen Änderungen gelten (rückwirkend) mit Wirkung vom 1.1.2017.

Umsatzsteuer

Kleinbetragsrechnungen (Grenze bisher: 150 EUR; neue Grenze ab 1.1.2017: 250 EUR) müssen nicht die umfangreichen Angaben des Umsatzsteuerrechts enthalten, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen.

Vorgeschrieben sind „nur“ folgende Angaben:

  • der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
  • das Ausstellungsdatum,
  • die Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
  • das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie der anzuwendende Steuersatz oder – im Fall einer Steuerbefreiung – ein Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Neu in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen wurde eine Regelung, wonach eine Haftung des Forderungsempfängers in den Fällen einer Forderungsabtretung (Factoring) ausgeschlossen ist.

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof hatte Ende 2015 – entgegen der Verwaltungsmeinung – entschieden, dass die Haftung des Abtretungsempfängers (Factors) für Umsatzsteuer nicht ausgeschlossen ist, wenn er dem Unternehmer, der ihm die Umsatzsteuer enthaltende Forderung abgetreten hat, liquide Mittel zur Verfügung gestellt hat, aus denen dieser seine Umsatzsteuerschuld hätte begleichen können.

Mit der nun (rückwirkend zum 1.1.2017) gesetzlich verankerten Verwaltungsmeinung sollen insbesondere Einschränkungen in der Bonität kleinerer und mittlerer Unternehmen vermieden werden.

Abgabenordnung

Sind Lieferscheine keine Buchungsbelege, sind sie nicht mehr aufbewahrungspflichtig. Das heißt: Bei empfangenen (abgesandten) Lieferscheinen endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt (mit dem Versand) der Rechnung.

Inkrafttreten: Diese Regelung gilt erstmals für Lieferscheine, deren Aufbewahrungsfrist in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Abgabenordnung noch nicht abgelaufen ist.

Quelle | Zweites Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz), BR-Drs. 305/17 (B) vom 12.5.2017


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